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Irina Kurtishvili © Misha Kurdadze
Alumni-Treffen in Tbilissi – zu Besuch in einem Land am Scheideweg

Alle zwei Jahre laden wir als ZEIT STIFTUNG BUCERIUS unsere ehemaligen Stipendiat:innen, Preisträger:innen und Teilnehmer:innen von internationalen Austauschformaten aus Wissenschaft und Medien zu einer Zusammenkunft ein – dem Alumni-Treffen. In diesem September sind wir mit 32 Alumni dafür nach Georgien gereist – mitten im Wahlkampf vor den Parlamentswahlen im Oktober und in der Kontroverse um den außenpolitischen Kurs des Landes. 

Persönliche und professionelle Perspektiven aus unabhängigem Journalismus 

Im Fokus der Gespräche in den Räumen des Auslandsbüro Georgien der Max-Weber-Stiftung standen aktuelle politische und gesellschaftliche Entwicklungen. Die Journalistinnen Mariam Nikuradze (OC Media), Preisträgerin 2023 unseres „Free Media Awards“, und Gesine Dornblüth (Deutschlandfunk) gaben im Rahmen einer Podiumsdiskussion zahlreiche Einblicke in die geopolitische und regionale Lage Georgiens. Am Beispiel des umstrittenen „Gesetzes zur Transparenz ausländischer Einflussnahme“ erläuterten sie, mit welchen neuen Einschränkungen unabhängige Medien in Georgien derzeit konfrontiert sind. Einblicke in die tägliche Arbeit georgischer Journalist:innen lieferte außerdem der Austausch mit Manana Kveliashvili, die als Digitaljournalistin in Batumi arbeitet.  

Kritischer Ausblick auf die Parlamentswahlen in Georgien 

Über die Bedeutung des in Georgien häufig als „russisch“ bezeichneten Gesetztes für die Aktivitäten der zivilgesellschaftlichen Organisationen referierte Nino Dolidze, Geschäftsführerin der Internationalen Gesellschaft für faire Wahlen und Demokratie (ISFED), einer wichtigen Wahlbeobachtungsstelle in Georgien. Sie betonte, dass die geplante digitale Durchführung der Stimmenauszählung bei den bevorstehenden Wahlen zusätzliche Risiken mit sich bringt. In ihrer Einschätzung sind die Manipulations- und Fälschungsversuche seitens der regierenden Partei „Georgischer Traum“ im Vorfeld der Wahl und am Wahltag selbst sehr wahrscheinlich. Umso wichtiger sei ein lokales und internationales Engagement in der Wahlbeobachtung.  

Den Abschluss des Diskussionsprogramms bildete ein anregender Austausch über die EU-Beitrittsperspektiven Georgiens mit Sonja Katharina Schiffers (Heinrich Böll Stiftung Südkaukasus), Ivane Chkhikvadze (Civil Society Foundation Tbilissi) und Irakli Sirbiladze (ReThink CEE Fellow am German Marschall Fund of the United States). 

Reichhaltige Geschichte und ambivalente Figuren im Kulturprogramm 

Rundgänge und Exkursionen bereicherten das Programm: Der Spaziergang mit der Architekturkuratorin Irina Kurtishvili führte durch das Marjanischwili-Viertel und offenbarte trotz Regen die architektonischen Schätze und die reiche Geschichte des Viertels. Die Marjanischwili-Straße ist eine der wichtigsten Verbindungen im städtischen System von Tbilissi. Sie liegt am linken Ufer des Flusses Mtkvari und war im 19. Jahrhundert das Zentrum der deutschen Kolonie mit der 1895 eingeweihten evangelisch-lutherischen Kirche „Peter und Paul“, die nach dem Zweiten Weltkrieg von deutschen Kriegsgefangenen abgerissen wurde.  

Bei einer Exkursion in die Umgebung der georgischen Hauptstadt standen der Besuch der Felsen- und Höhlenstadt Uplitsikhe und des Josef-Stalin-Museums in Gori auf dem Programm. Historiker David Jishkariani begleitete unsere Gruppe und ergänzte zahlreiche Hintergrundinformationen über das ambivalente Verhältnis der georgischen Gesellschaft zu Stalin, das zwischen der Verehrung als mächtiger und berühmter „Sohn“ der Nation und der Ablehnung als Symbol für die sowjetischen Herrschaft über das Land schwankt.  

Erfolgreiches Networking unter mehr als 20 Alumni-Jahrgängen 

Während der Tour hatten wir darüber hinaus die einmalige Gelegenheit, das Weingut und das Gästehaus des ehemaligen Kulturministers Nika Vacheishvili zu besuchen und mit ihm über seine Erfahrungen in der Kulturförderung und im europäischen Kulturaustausch zu sprechen. 

Neben dem vielfältigen Input stand nicht zuletzt aber auch die Netzwerkpflege auf dem Programm. Die Mischung aus internationalen Teilnehmer:innen verschiedener wissenschaftlicher und journalistischer Programme aus Jahrgängen von 1999 bis 2023 sowie aus Ländern von den USA bis nach Indien führte zu Verknüpfungen der unterschiedlichsten Perspektiven und war eine Bereicherung für jede:n Einzelne:n. 

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